Musikdrama in einem Aufzug nach Oscar Wildes
gleichnamiger Dichtung
in deutscher Übersetzung von Hedwig Lachmann von Richard Strauss
Musikalische Leitung: James Allen Gähres
Regie: G. H. Seebach
Bühne und Kostüme: Hartmut Schörghofer
Mit:
Hans-Günther
Dotzauer / Matthias Widmaier
(Herodes), Martha Dewal (Herodias), Lisa Livingston (Salome), Wilhelm Eyberg von Wertenegg
(Jochanaan), Girard Rhoden
(Narraboth), Miriam Weißberg (Ein Page der Herodias), Erik Årman (1. Jude), Thomas Schön (2.
Jude), William Halbert (3. Jude), Rochus Bliesener (4. Jude), Norbert Burger (5. Jude), Gerard Hulka (1. Nazarener), Rolf
Ellersiek (2. Nazarener), Nikolaus Meer
(1. Soldat), Petteri Falck (2.
Soldat), Frank Moll (Ein Cappadocier), Melanie Zacharias (Ein Sklave)
Philharmonisches Orchester der Stadt Ulm
Matinée: Sonntag, 9. März 2000, 11 Uhr im Foyer, Eintritt frei
Premiere: Donnerstag, 27. April 2000, 20 Uhr im Großen Haus
Historischer Hintergrund
Basis der Oper SALOME sind Evangelientexte von Matthäus (14,1-12)
und Markus (6,14-29). Im Drama um die Enthauptung Johannes des Täufers ist Herodias die
treibende Kraft. Ihre Tochter ist in den Bibelstellen ohne Namen genannt. Der Name
Salome ist eine Zitat des Mittelalters. In der Literatur des 19. Jahrhunderts
(Gustave Flaubert, Jules Massenet) bleibt Herodias die Anstifterin zur Enthauptung des
Täufers. Erst Oscar Wilde bricht in seinem 1893 in Paris in französischer Sprache
uraufgeführtem Drama SALOME mit dieser Tradition: hier fordert Salome aus eigenem Antrieb
den Kopf Johannes des Täufers. Zunächst sollte der österreichische Dichter Anton
Lindner aus dem Drama von Oscar Wilde ein Opernlibretto herstellen. Als dieses den
Ansprüchen Richard Strauss nicht genügte, übernahm Richard Strauss das Original
Oscar Wildes, dessen Übersetzung aus dem Französischen von Hedwig Lachmann er fast
wörtlich vertonte. Gustav Mahler interessierte sich für die Uraufführung des Werkes,
scheiterte aber an der Zensur des Fürsten Montenuovo. Diese fand dann am 9. Dezember 1905
an der Semperoper in Dresden unter der musikalischen Leitung von Ernst von Schuch statt.
Die österreichische Erstaufführung fand ein Jahr später am Opernhaus in Graz unter der
Leitung von Wilhelm Kienzl statt. Mit der SALOME wurde Richard Strauss nach seinen
Bühnenerstlingen GUNTRAM (1894) und FEUERSNOT (1901) auf einen Schlag zu einem der
führenden Komponisten seiner Zeit.
Inhalt
Herodes, der Stiefvater der Salome, kam durch Beseitigung von
Salomes Vater nach langer Kerkerhaft und durch die Heirat mit Herodias auf den Thron. Er
ist auch Salomes Onkel, aber väterlich minderer Geburt, d. h. er kommt auf den Thron
eines Tetrachen durch die Ansprüche seiner Frau Herodias. Mit Herodes ist im Drama die
Figur des Herodes Antipas gemeint, der dann tatsächlich während der Regierungszeit des
Römischen Kaisers Claudius im Angesicht des Volkes in einem Silbermantel gestorben ist.
In den Bearbeitungen des Salome-Stoffes des 19. Jahrhunderts nimmt dieser Herodes auch
manche Züge Herodes des Großen an, der in der Bibel für den bethlehemitischen
Kindermord verantwortlich ist. Herodes ist in der Oper von Richard Strauss ein
schwächlicher Charakter, der aber durch seine Unberechenbarkeit gefährlich ist.
Herodias hat die Ermordung ihres ersten Gatten betrieben. Dies ist
der Öffentlichkeit bekannt und ermöglicht es Leuten, wie dem Propheten Johannes, sie
deshalb anzuklagen. Herodias ist die eigentliche Trägerin des Thronanspruches; im
Hellenismus ist die weibliche Erbfolge durchaus anerkannt. Um Johannes den Täufer, der
auch noch im Kerker politischen Einfluß nimmt zum Schweigen zu bringen, stiftet sie ihre
Tochter zur Ermordung des Widersachers an. Herodias ist eine stolze Frau, allerdings durch
ihren Lebenswandel eine mehrfach gebrochene.
Salome, in der Bibel noch namenlos, später mit einem in der
jüdischen Königsdynastie durchaus gebräuchlichen griechischen Namen versehen, ist zum
Zeitpunkt, in dem die Geschichte handelt, 16 Jahre alt. Sie ist ohne Vater aufgewachsen,
der 12 Jahre im Gefängnis zugebracht hat, ehe er ermordet wurde. Sie sucht den
Vaterersatz bei ihrem Stiefvater und bei Johannes dem Täufer - beide können ihn ihr
jedoch nicht geben. Sie, die als einziges Kind einer Fürstin am Hof aufgewachsen ist, ist
an Widerspruch nicht gewöhnt, sie ist vielmehr darin geübt, alles zu bekommen, was sie
will.
Salome ist kein mannstolles Ungeheuer, wahrscheinlich ist sie Jungfrau.
Sie weiß mit den Männern bei Hofe nichts anzufangen, egal ob sie streitsüchtige Juden,
listige Ägypter, brutale Römer oder verweichlichte Soldaten wie der Hauptmann Narraboth
sind. Über sie, bzw. ihre Leichen geht sie im wahrsten Sinne des Wortes hinweg.
Angewidert vom Liebesduett Salomes mit dem abgeschlagenen Kopf des Johannes befiehlt
Herodes die Tötung Salomes.
Johannes der Täufer (Joachanaan) gilt als Vorläufer von Jesus von
Nazareth. Er taufte ihn auch mit dem Wasser des Jordan. Johannes gehörte der strengen
Sekte der Essener an und machte sich durch seine politischen Hetzreden am Hof unbeliebt.
Vor allem prangerte er die den essenischen Forderungen total widersprechenden Lebenssitten
am Hofe an - Inbegriff aller Verderbnis ist Herodias, die Mutter der Salome.
Die Welt der Salome ist eine Welt äußerster Gegensätze. Es
gibt die Juden in den verschiedensten Spielarten, wie die Saduzäer, die sich in
manchem der griechisch sprechenden Oberschicht angepaßt haben, die auch die Bibel nicht
in strengster Auslegung befolgen. Es gibt die Pharisäer, die wesentlich radikaler
sind, wobei auch hier nicht immer das Wort für das Wort steht, als das es gemeint ist. Es
gibt die Sekte der Essener, die auch von einer Wiederherstellung eines politisch
unabhängigen Israel träumen. In den Kriegen um die Nachfolge Alexanders des Großen
konnte sich die griechisch sprechende einheimische Dynastie der Makkabäer
durchsetzen und eine beschränkte Selbstverwaltung gegenüber den griechischen Dynastien
in Ägypten und in Persien ermöglichen. Unter Gnäus Pompeius kam Israel in römische
Einflußsphäre. Die einheimische Dynastie der Hasmonäer konnte als Marionette
Roms herrschen. Durch den späteren Kaiser Vespasian und seinen Sohn Titus wurde im
Jüdischen Krieg, der im Jahre 70 mit der Eroberung Jerusalems endete, die
Scheinselbständigkeit des jüdischen Staates beendet.
Die Interessen Roms wurden in den Jahren davor durch einen
Militärbeamten (procurator) vertreten, der allerdings nicht in Jerusalem, sondern in
Jericho residierte. Rom war an den vier Königshöfen des jüdischen Staates immer
präsent und zeigte den von ihm eingesetzten Herrschern mit jeder Geste, wer das Sagen
hat.
In der Zeit, in der die Oper SALOME handelt, tritt auch bereits Christus
ein. Wunder, wie das Erwecken Toter zum Leben, werden auch in der Oper berichtet. Für
Mörder eine schreckliche Aussicht, wenn die Toten wiederkämen.
Regiekonzept
Das Regiekonzept der Ulmer SALOME setzt die Oper nicht im
historischen Israel, sondern zu einer Zeitenwende an, bei der alle Werte in Frage gestellt
sind. Größter Sinnlichkeit der Musik wird größte Häßlichkeit im Bühnengeschehen
gegenübergestellt. So merkwürdig es sein mag, in dieser Oper geht es vor allem um Liebe,
um Liebe in allen möglichen Spielarten bis zur Pervertierung, denn wie singt Salome im
Schlußgesang: Das Geheimnis der Liebe ist größer als das Geheimnis des
Todes."
Musik
Die Oper beginnt ohne Vorspiel, schon im ersten Satz, den Narraboth
singt (Wie schön ist die Prinzessin Salome heute abend") wird Salome zitiert -
sie bleibt anwesend bis zum Schluß der Oper.
Die Welt des Jochanaan steht musikalisch in strengstem Gegensatz zur
Musik der Welt des Herodes. Strenge Dur-Tonarten stehen der Auflösung der Tonarten
gegenüber. Inhaltlich entbehrlich - das Judenquintett als Höhepunkt der Schwelle an der
Auflösung jeglicher Tonarten und Rhythmik im Gegensatz zur beinahe bestehenden
Walzerseligkeit in Salomes Tanz. Etwa 30 Leitmotive umfaßt die Oper in Wagnerschem
Sinne, grandios zusammengefaßt im Schlußgesang der Salome, einem Musikstück, das neben
Brünnhildes Schlußgesang einzigartig in der Musikgeschichte steht.
Inszenierungsteam
In der Intendanz Ansgar Haag ist SALOME nach den Opern DER
ROSENKAVALIER (1994) und ELEKTRA (1998) die dritte Richard Strauss-Oper. Für das
Leading-Team James Allen Gähres (Musikalische Leitung), G. H. Seebach (Regie), Hartmut
Schörghofer (Bühnenbild und Kostüme) ist es nach WOZZECK, DOKTOR FAUST (Busoni) und
ELEKTRA die vierte Zusammenarbeit.