Phantastische Oper von Jacques Offenbach

Foto: Botzenhardt Ulm
Musikalische Leitung: Philippe Jordan
Inszenierung: Ansgar Haag
Bühnenbild: Bernd-Dieter Müller
Kostüme: Annette Zepperitz
Mit: Hans-Günther Müller-Dotzauer (Hoffmann), Wilhelm Eyberg von
Wertenegg (Lindorf/ Coppelius/ Dr. Mirakel/ Dapertutto), Rita Kapfhammer (Niklaus), Eva
Zettl/ Barbara Baier (Olympia), Sybille Plocher-Ottersbach/ Katerina Rauer (Antonia), Lisa
Livingston (Giulietta), Saskia Richter (Stella), John Cogram (Andreas/ Cochenille/ Franz/
Pitichinaccio), Rochus Bliesener (Spalanzani), Gerard Hulka (Krespel), Norbert Burger
(Lutter/ Schlemihl), Martha Dewal (Stimme der Mutter), Adam Sanchez (Nathanael), Petteri
Falck (Hermann)
Premiere: Donnerstag, 6. Mai 1999, 20 Uhr im Großen Haus
Matinée: Sonntag, 25. April 1999, 11 Uhr im Foyer
Als Jacques Offenbach im Oktober 1880 verstarb, hatte die musikalische
Einstudierung seiner neuesten (und letzten) Oper LES CONTES DHOFFMANN (HOFFMANNS
ERZÄHLUNGEN) bereits begonnen. Allerdings war die Oper zu diesem Zeitpunkt keineswegs
fertiggestellt: im 4. Akt fehlte das Finale und der 5. Akt war so gut wie überhaupt nicht
komponiert. Da man aber in Paris aus Werbezwecken schon einzelne Musiknummern aus dieser
Oper aufgeführt hatte (darunter die Barcarole") und die Öffentlichkeit
gespannt der Premiere entgegensah, wurde Ernest Guiraud beauftragt, das von Offenbach
hinterlassene Material in eine spielbare Form zu bringen. Bis zur Premiere im Februar 1881
wurde mehrmals erheblich auch in die von Offenbach bereits fixierten Strukturen
eingegriffen, so daß die Uraufführung nicht das Werk" vorstellte, sondern
eine Fassung davon. Das blieb auch die nun über hundert Jahre lange
Aufführungsgeschichte hindurch so. Stets neue und erheblich voneinander abweichende
Fassungen und Versionen der Oper wurden hergestellt und veröffentlicht, so daß im Falle
von HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN nie eine verbindliche Werkgestalt" entstand.
Vor einigen Monaten wurde an der Hamburgischen Staatsoper mit
beträchtlichem Medienrummel die neue Fassung des Musikologen Michael Kaye aufgeführt,
die angeblich nun die gesamte von Offenbach verfaßte HOFFMANN-Musik enthält, inklusive
des bisher noch vermißten Ende des 4. Aktes. Wenn dies nun auch die philologisch korrekte
Werkgestalt sein mag, so bleibt sehr daran zu zweifeln, ob dies auch der von Offenbach
letztendlich zur Aufführung gegebenen Version nahegekommen wäre.
Die Neuproduktion des Ulmer Theaters hat sich für eine zwar nicht
wissenschaftlich fundierte, wohl aber bühnenpraktisch bewährte Version entschieden, die
1907 veröffentlicht wurde und für die 1910 eine deutsche Fassung von Gustav F. Kogel
hergestellt wurde. Diese Fassung hat das Bild von HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN in Deutschland
geprägt. In ihr kamen erstmals die neben der Barcarole berühmtesten Musiknummern vor:
die Spiegel-Arie" des Dapertutto und das berühmte Septett", die wir
dem Ulmer Publikum nicht vorenthalten wollen.
HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN ist keine der parodistischen Operetten
Offenbachs, sondern eine phantastastische Oper", in der der deutsche Dichter
E.T.A. Hoffmann selbst als Erzähler von dreien seiner düsteren und unheimlichen
Erzählungen auftritt. Hoffmann steht in einem unglücklichen Liebesverhältnis zur
großen Sängerin Stella. Während Stella im Theater als Donna Anna brilliert, sitzt
Hoffmann in Lutters Weinkeller
und wartet mit seinem Begleiter Niklaus und weiteren Gästen auf das Ende der Vorstellung.
Dort sitzt allerdings auch sein Nebenbuhler, der Stadtrat Lindorf, der sich für den
selben Abend Zugang zu Stellas Schlafzimmer verschaffen will. Provoziert durch die
glücklichen Schilderungen verschiedener Gäste über ihre Geliebten, erzählt Hoffmann
nun seine drei Geschichten von Begegnungen mit Frauen, die er verehrt hat und die
naturgemäß alle ein tragisches Ende finden.
Kraft der Imagination des Dichters erstehen nun die drei Frauen
Olympia, Antonia und Giulietta vor den Augen des Publikums auf der Bühne und im Saal: Die
bezaubernd schöne Olympia, die nur eine leblose mechanische Puppe ist, die Künstlerin
Antonia, die ihre Kunst letztendlich mehr liebt als Hoffmann und sich zu Tode singt, und
die Kurtisane Giulietta, die ihren Liebhabern den Schatten raubt. Am Ende ist allen klar,
daß Hoffmann sich mit der Erzählung von den drei Typen Puppe, Künstlerin und Kurtisane
nur an der echten Beziehung zu Stella abarbeitet. Doch als Stella schließlich in Lutters
Weinkeller eintrifft, findet sie Hoffmann nur besinnungslos betrunken vor. Stella fällt
an Stadtrat Lindorf, der Künstler und Bohemien Hoffmann hat verloren.
Die Oper spielt mit zwei Erzählebenen: der Rahmenhandlung und den drei
erzählten Geschichten. Der Sänger des Stadtrat Lindorf der Rahmenhandlung tritt auch in
wechselnden Rollen innerhalb der Erzählungen als Hoffmanns Gegenspieler und diabolischer
Zerstörer auf. Ursprünglich war von Offenbach vorgesehen, daß alle vier Frauenrollen
von einer Sängerin interpretiert werden sollen. An vier Abenden wird daher die
Sopranistin Sybille Plocher-Ottersbach alle Frauenrollen übernehmen