Der Kirschgarten

 

Komödie von Anton Tschechow

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Foto: Carola Hölting

 

Ins Deutsche übertragen von Ilse Schneyder

Inszenierung: Ansgar Haag

Bühnenbild: Dieter Richter

Kostüme: Renate Schmitzer

Mit: Friederike Frerichs (Charlotta Iwanowna), Anita Iselin (Dunjascha), Saskia Richter (Anja), Charlotte Ullrich (Warja), Ulla Willick (Ljubow Andrejewna Ranewskaja); Ulrich Bodenstein (Firs), Karl Heinz Glaser (Lopachin), Max Reimann (Simeonow-Pischtschik), Heiko Ruprecht (Trofimow), Claus-Peter Seifert (Jepichodow), Renatus Scheibe (Jascha), Walter von Have (Gajew), Frank Ehrhardt (Ein Mann)

Premiere: 1. Oktober im Großen Haus

Matinee: 27. September, 11 Uhr

 

 

 

Der Kirschgarten - ein Stück vom Abschied, das mit einer Ankunft beginnt. Nach einem fünfjährigen Auslandsaufenthalt kehrt die Gutsbesitzerin Ljubow Andrejewna Ranewskaja auf ihr Gut zurück. Das Gut und der über die Region hinaus berühmt gewordenen Kirschgarten wecken in ihr Erinnerungen an die glückliche Kindheit, an ein freigebiges und verschwenderisches Leben auf dem Gut. Die Gegenwart sieht vollkommen anders aus: Das Gut ist hoch verschuldet, ein Versteigerungstermin ist bereits festgesetzt. Lopachin, der Sohn eines Leibeigenen, der durch Arbeit zu Geld gekommen ist, unterbreitet ihr den einzig erfolgversprechenden Ausweg: Das Gut könnte in Parzellen aufgeteilt und an Sommerfrischler aus der nahen Stadt verpachtet werden. Der Kirschgarten aber muß für diesen Plan abgeholzt werden. Die Ranewskaja verwehrt sich gegen solch ‘moderne’ Rettungsversuche. „Mir ist, als sei ich blind.", sagt sie auf dem Fest, das noch an dem Tag der Versteigerung gefeiert wird. Gespielte Sorglosigkeit - nicht nur bei ihr. Auch andere Personen auf dem Gut klammern sich an den längst verlorenen Status Quo. Selbst der revolutionär denkende Student Trofimow ist nicht in der Lage zu handeln. Der Abschied von einer Zeit ist eingeläutet, die neue Macht des Geldes nicht mehr aufzuhalten.

 

Für Anton Tschechow war DER KIRSCHGARTEN in doppelter Hinsicht ein Stück des Abschieds: Es war das letzte Schauspiel, das er schrieb. Ein halbes Jahr nach der Uraufführung starb Tschechow, 44jährig an Tuberkolose. Noch die Beisetzung Tschechows könnte von dem Komiker der Melancholie erfunden sein: Er starb in Badenweiler; sein Leichnam wurde nach Moskau überführt. Die Trauernden, die sich am Moskauer Bahnhof versammelt hatten, wunderten sich, daß Tschechow mit Militärmusik beigesetzt wurde. Ohne es zu wissen, folgten sie dem Sarg mit dem Leichnam eines Generals. „Als der Fehler aufgeklärt wurde", berichtet Maxim Gorki, „fingen einige lustige Leutchen an zu schmunzeln und zu lächeln. Hinter Tschechows Sarg schritten etwa hundert Menschen, nicht mehr." Tschechows Sarg war in einem grünen Güterwagen transportiert worden, der die Aufschrift „Für Austern" trug.

 

Uraufgeführt wurde DER KIRSCHGARTEN vom Künstlertheater Moskau, das unter der Leitung von K. S. Stansilawski stand. Tschechows Ehefrau Olga Knipper spielte die Rolle der Gutsherrin Ranewskaja. Stanislawskis allzu lyrische und sentimentale Aufführungen seiner Stücke lehnte Tschechow allerdings ab. Er nennt seinen KIRSCHGARTEN im Untertitel eine Komödie. „Von seinen Schauspielen sprach er als von ‘lustigen Stücken’, und mir scheint, er war aufrichtig davon überzeugt, daß er eben ‘lustige Stücke’ schrieb.", berichtet Gorki dazu. Menschen, die lebensuntüchtig sind, die im Grunde alles verlieren, und auf der anderen Seite Menschen, die zwar mit der neuen Zeit zu gehen vermögen, die aber dadurch nicht glücklicher werden - das sei ‘lustig’? DER KIRSCHGARTEN verbreitet eine einnehmende Melancholie, eine lächelnde Melancholie, und „sein Lächeln ist von der Selbstironie nicht weit entfernt. (...) Seine Stücke sind in der Tat lustig: etwa so wie die Leidtragenden, die bei Tschechows Beerdigung bemerkten, daß sie hinter dem falschen Sarg trauerten." (S. Melchinger.) Für Woody Allen, selbst ein Meister der Tragikomödie, ist Tschechow aus eben diesem Grunde ein Vorbild seiner eigenen Werke: „Ich versuche, Komisches und Tragisches zu verbinden. Tschechow konnte das sehr schön, man ist von einer Sache wie am Boden zerstört, und im nächsten Moment lacht man. Er ist überhaupt der Größte." (Oktober 1985)

 

 

DER KIRSCHGARTEN ist nach DIE MÖWE und ONKEL WANJA Ansgar Haags dritte Auseinandersetzung mit Tschechows Werk in Ulm. Er hat sich für diese Inszenierung ein bereits bewährtes Team gesucht: Renate Schmitzer (Kostüme) und Dieter Richter (Bühne) haben in der vergangenen Spielzeit bei der erfolgreichen Inszenierung von Jenufa mitgearbeitet. Für JENUFA wird Ansgar Haag im November dieses Jahres mit dem Bayerischen Theaterpreis ausgezeichnet.

 

 

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