Macbeth von Francesco Maria Piave Musik von Giuseppe Verdi Pariser Fassung 1865 (in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln)
* Mitglieder der Münsterkantorei
Aufführungsdauer ca. 2 3/4 Stunden Pause nach dem 2. Akt Premiere am 18. Juni 1998 im Großen Haus Übertitel in deutscher Sprache, eingerichtet von Werner Hintze Wir danken dem Verein der "Freunde des Ulmer Theaters e. V." für die finanzielle Unterstützung der Realisierung des Bühnenbild-Entwurfs von Hans Dieter Schaal Uraufführung am 14. März 1847 im Teatro della Pergola in Florenz Erstaufführung der 2. Fassung am 21. April 1865 im Théâtre-Lyrique in Paris DIE HANDLUNG I. Akt Die Hexen prophezeien Macbeth die Herrschaft über Cawdor und die Königskrone Schottlands. Dem Freund Banco sagen sie voraus, zum Ahnherrn von künftigen Königen zu werden. Die eine Prophezeiung erfüllt sich sofort: Macbeth wird zur Belohnung für seine geleisteten militärischen Dienste von König Duncan zum Herrn über Cawdor ernannt. Die andere will ihm nicht aus dem Kopf - daß er zum König Schottlands werden soll. Die Hexen wissen, daß Macbeth von nun an keine Ruhe mehr finden und sein Schicksal sich erfüllen wird. Lady Macbeth erfährt durch eine Botschaft ihres Mannes von der mysteriösen Voraussagung und der bereits halben Erfüllung. Sie ist entschlossen, den Gedanken ihres Mannes zur Tat zu verhelfen, die ihn zum König machen sollen. Während sich König Duncan als Gast in Macbeths Burg aufhält, tötet ihn Macbeth im Schlaf. Lady Macbeth bestreicht die Wachen mit Blut, um den Verdacht abzulenken. Alle klagen über den grausamen Mord an König Duncan. II. Akt Macbeth wurde zum König Schottlands gekrönt. Malcolm, König Duncans Sohn, gilt seit seiner Flucht nach England als der Mörder seines Vaters. Macbeth wird vom Gedanken an die letzte Prophezeiung umgetrieben: Die Nachfahren Bancos sollen dereinst den Thron Schottlands einnehmen. Sollte Macbeth dafür die Schuld des Königmords auf sich geladen haben? Lady Macbeth fügt sich in die Gewißheit, daß ein Verbrechen stets ein neues fordert. Macbeth gibt die Beseitigung Bancos und dessen Sohnes in Auftrag. Banco fällt den Mördern in die Hände, sein Sohn entkommt. Bei einem königlichen Festbankett wird mit allgemeinem Bedauern das Fehlen Bancos festgestellt. Doch der erscheint - als Geist nimmt er nur für Macbeth sichtbarauf dem Throne Platz. Macbeth sieht sich von dem Verfolgt, den er tilgen wollte. Die Gäste sind verstört über das unerklärliche Verhalten des Königs und bedauern, wohin es mit Schottland gekommen sei. III. Akt Macbeth sucht bei den Hexen Gewißheit über seine Zukunft. Wiederum erhält er eine Voraussage: Keiner, der von einer Frau geboren wurde, könne ihm gefährlich werden. Und: Gefahr drohe erst, wenn sich der Wald von Birnam auf ihn zubewege. Die Hexen führen ihm auch eine Reihe von Königen vor, die dereinst als die Abkömmlinge Bancos das Land regieren werden. Wieder sieht sich Macbeth mit dem ermordeten Freund Banco konfrontiert. Macbeth und Lady Macbeth verlieren nun jede Hemmung vor dem Töten von Menschen. Jeder, den sie als möglichen Feind sehen, soll den Tod finden. Als nächste trifft es Macduffs Familie. IV. Akt Unter dem unaussprechlichen Leid, das Macbeth über die Bewohner Schottlands gebracht hat, sammelt sich die Opposition gegen den König. Macduff, der dem Mordanschlag Macbeths entkommen konnte, beklagt den Verlust von Frau und Kindern. Mit verbündeten englischen Armeen trifft Malcolm ein, um seine Thronansprüche geltend zu machen und Macbeths Herrschaft zu beenden. Macduff und Malcolm ziehen getarnt gemeinsam durch den Wald von Birnam gegen Macbeth. Dem Wahnsinn verfallen wandelt Lady Macbeth einsam und ruhelos bei Nacht, nur beobachtet von der Kammerfrau und dem Arzt. Vom Blut der Opfer und der auf sich geladenen Schuld wird sie sich nie mehr reinwaschen können. Die Wachen berichten, daß sich der Wald von Birnam auf sie zubewege. Macbeth sieht sich betrogen und ruft zur Schlacht. Die Prophezeiung vollzieht sich: Macduff, der nicht geboren, sondern aus dem Bauch der Mutter herausgeschnitten wurde, tötet Macbeth. Soldaten, Barden und Volk danken Gott für die Rettung Schottlands. Macduff fordert
dazu auf, dem neuen König Malcolm Vertrauen zu schenken.
Sie sind kein Mörderpaar, die Lady & Macbeth. Sie sind ein Liebespaar. Ihre unmenschliches Handlungen tun sie füreinander und sie entscheiden selbst in jeder Situation. Sie wollen mehr Glück. Ihre Liebe genügt ihnen nicht. Sie suchen nach einem neuen Ausdruck, einer neuen Ebene, einem neuen Sein, Die Gier treibt sie. Sie wollen immer mehr - und sie zerstören ihre gesamte Existenz. Verdis Macbeth" ist kein Polit-Thriller, sondern ein menschliches Drama. Verdi zeigt die Affekte und Gefühle, die Motor sind für alles: Liebe, Haß, Eitelkeit - Gier. Sie bestimmen das private Leben und auch die Weltpolitik, Die Lady & Macbeth wissen, worauf sie sich einlassen. Aber sie sind zu schwach, um der Versuchung zu widerstehen, und sie sind als Menschen zu stark, um die Last zu ertragen. Die Lady ist allein, machtlos. Sie leiht ihrem Mann ihre Kraft. Und die Männer tun Dinge, die über ihre Kräfte gehen. Auch Macbeth. Er ist nicht allein. Er hat einen Freund, Banco. Seine Freundschaft zu Banco zeigt seine menschliche Qualität. Aber die bricht ihm auch das Genick. Der Mord an Banco raubt ihm die Kraft. Macbeth sehnt sich nach dem Freund - und er sehnt sich damit nach dem Tod, will aufgeben, sterben. Der Chor spiegelt diese inneren Vorgänge. Fast wie in einem antiken Drama ist er geführt. Der Chor stachelt an, kommentiert ironisch im Chor der Mörder, als ob Verdi sich lustig machen wollte über die Torheit der Menschen. Oder auch zuspitzend die Hexen: sie verlustieren sich regelrecht am Kriegswillen, am Zerstörungsdrang, an den Triebkräften menschlichen Handelns, sie baden sich im Blut. Aber die Hexen sind nicht Anstifter. Und Lady & Macbeth sind nicht ihr Werkzeug. Die Hexen sind keine realen Figuren. Sie sind das Unbestimmte, die Energie, die uns treibt. Sie verkörpern das Affektive, das Unbewußte in uns, Sie gehen durch das ganze Stück. Sie sind nicht zu fassen. Sie wechseln die Gesichter, die Façon. Sie sind das Kraftzentrum, aus dem unsere Sinnlichkeit wächst. Sie sind immer präsent. Worauf es Verdi (Fiorentiner Fassung, 1847) zunächst ankam, ist auch uns wichtig, das menschliche Drama, das zu allen Zeiten und an allen Plätzen spielen kann und das darum so konkret ist. Wir klären nicht die Frage der Macht, wir wollen keine Aktualisierung". Musikalisch minutiös, aus wechselnden Perspektiven hat Verdi die Vorgänge verdeutlicht, nachgespürt seiner dramatischen Wahrheit". Wie sehr er Distanz hielt zum Treiben um ihn herum, zeigt die fast zynische Siegeshymne am Schluß (Pariser Fassung, 1865). Ob der junge König Malcolm glücklichere Zeiten bringt, ob er anknüpfen kann an die Zeiten Duncans, bleibt offen. Wir kommentieren nicht, wir maßen uns nicht an, mehr zu wissen als die handelnden Figuren, Wir wollen von uns erzählen, wir wollen den Prozeß des Nachdenkens in Gang halten. |