WERNER SCHWAB - DIE PRÄSIDENTINNEN Regie: Franz Burkhard Bühne und Kostüme: Klaus Hellenstein Mit: Ulla Willick (ERNA, Mindestpensionistin), Friederike Frerichs (GRETE, Pensionistin) und Kathrin Busch (MARIEDL) Ein Fäkaliendrama: "Wer einen schlechten Stuhl hat, muß lange Zeit auf dem Abort zubringen, und dann kommen die schlechten Gedanken, die so ein Mensch hat, der seine ganzen Schlechtigkeiten auf die Abortwände schmiert. Der Wottila ist ja so ein gescheiter Mensch. Da sagt er zum Beispiel, daß es gescheit wär, ein schlichtes Kreuz gegenüber der Klomuschel aufzuhängen oder eine Photographie des Bundespräsidenten, weil in der Schule und im Amt hängt ja auch immer so ein Bild. Das täte die Menschen auf ihre Minderwertigkeit hinweisen, da könnten sich die Menschen besinnen, daß sie selber nur kleine Scheißhaufen sind und nicht die Wände beschmieren dürfen." Eine Schwabsche PRÄSIDENTINNEN-Weisheit. PRÄSIDENTINNEN sind laut Werner Schwab "Leute, die glauben, alles zu wissen, über alle zu bestimmen. Eine Form von Größenwahn." In diesem Sinn handelt das Stück davon, so das Vorwort, "daß die Erde eine Scheibe ist, daß die Sonne auf- und untergeht, weil sie sich um die Erde dreht; es handelt davon, daß nichts Funktion sein will, nur Zerstreuung.". Schwabs PRÄSIDENTINNEN - Wohnküche ist der Angriff der Vergangenheit auf die übrige Zeit. Was die PRÄSIDENTINNEN Erna und Grete verbindet, ist der katastrophale Befund, daß sie kein Leben führen, daß sie nur scheinbar existieren, daß es sie, außer in ihren Sätzen, überhaupt nicht gibt. Sie sind Verwandte des ewigen Spießers. Erna lebt für die Religion und die Sparsamkeit (filtert ihren Kaffee mit Klopapier, und ihre Pelzhaube stammt von der Mülldeponie), und wenn der Grete noch manchmal "die alten, warmen Gefühle" hochkommen, dann kauft sie sich "eine Braunschweigerwurst und einen Emmentaler, dazu Gurkerl und ein Flascherl Bier, und schon bekommt das Leben wieder ein friedliches Gesicht". Mariedl ist die Außenseiterin des Trios. Sie hat aus ihrem Weltbild einen Beruf gemacht und ist Klofrau, spezialisiert auf verstopfte Toiletten, die sie mit bloßen Händen ausräumt. Mariedl hat dabei Championqualitäten entwickelt. Denn "das Klo muß erst verstopft werden, das der Mariedl widerstehen kann". Werner Schwabs Texte gehören zu den aufregendsten und komischsten, die in den letzten Jahren im Theater zu erleben waren. Die hohe Künstlichkeit der SCHWABSPRACHE schlägt um "in einen merkwürdigen Radikalismus, sobald sie nicht nur auf dem Papier steht, sondern laut gesprochen wird. Dann entsteht ein schräger ... Aufschrei gegen die Welt der sauberen Syntax, der klaren Regeln und der wahren Worte und Werte. Schwabs Sprache ist voll schmutziger, aberwitziger Tragikomik." Für sein Erstlingswerk DIE PRÄSIDENTINNEN ist Schwab "an die Donau gegangen und in die pathologischen Institute, um sich die Horvathschen Fräuleins zurück auf die Bühne zu holen und sie noch einmal durchs Leben taumeln zu lassen wie mißbrauchte Töchter, die jetzt wissen, daß sie Töchter von Zombies sind. Es werden schwarze Engel aus ihnen, junge und alte, wie sie in unsere Landschaften passen: zu den toten Flüssen, der stinkenden Luft, den lecken AKWs." Fälschlicherweise zunächst als "im Chaos endend" und "unspielbar" tituliert, haben DIE PRÄSIDENTINNEN seit einigen Jahren einen wahren Triumphlauf durch die deutschsprachigen Theater angetreten und (zusammen mit der Radikalkomödie VOLKSVERNICHTUNG oder meine Leber ist sinnlos) dazu geführt, das Werner Schwab einer der meistaufgeführten Dramatiker wurde. Informationen zum Inszenierungsteam: Franz Burkhard wurde 1962 in Mindelheim geboren. Er arbeitete in den vergangenen Jahren als Assistent von Regisseuren wie Pavel Mikulastik, Uwe Jens Jensen, Hans-Jörg Utzerath, Wolf-Dietrich Sprenger und Michael Gruner. Überregional bekannt wurde Franz Burkhard durch seine Inszenierung von Josef Haders INDIEN am Staatstheater Stuttgart. Diese Arbeit brachte ihm höchste Anerkennung bei Presse und Publikum. "INDIEN" wurde bisher über 50 mal in Stuttgart gespielt und vom Fernsehen des Süddeutschen Rundfunks aufgezeichnet. Klaus Hellenstein arbeitet seit Jahren kontinuierlich am Ulmer Theater. In dieser Saison gestaltete er beispielsweise die Bühne und die Kostüme zu Kleists PENTHESILEA. Zuletzt zeichnete Klaus Hellenstein verantwortlich für die Ausstattung zu John Neumeyers HAMLET-Ballett an der Hamburger Staatsoper. |